Montag, 23. Juli 2012

Wallensteintage 2012 in Stralsund



Buntes Treiben auf dem Alten Markt. Im Hintergrund
rechts das Rathaus, links St. Nikolai.
Jedes Jahr im Juli feiern die Stralsunder die erfolgreiche Verteidigung der protestantischen Stadt gegen die kaiserlichen Truppen und die Katholische Liga unter Generalissimus Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg. Nachdem Stralsund monatelang der Belagerung widerstanden hatte, trafen die ersehnten dänischen und schwedischen Truppen ein, nach denen der Bürgermeister heimlich gesandt hatte, und Wallenstein zog schließlich unverrichteter Dinge ab.  
Rockige Folkmusik mit "The Sandsacks"
Sein Ziel war es gewesen, alle Ostseehäfen in seine Gewalt zu bringen, und er war über den erbitterten Widerstand der Stadt sehr erbost gewesen. Es ist überliefert, dass er geschworen haben soll "Und wenn Stralsund mit Ketten an den Himmel geschmiedet wäre, es muss herunter!" und: "Wenn Stralsund fällt, werde ich des Kindes im Mutterleib nicht schonen!" also Klartext: er wollte schwangere Frauen aufschlitzen lassen. 
Ich weiß nicht, was die Damen darstellen, Patrizierfrauen ganz
sicher nicht. Mit Adel hatte die Hansestadt nichts zu tun.
Die Nachbarstädte Greifswald und Barth hatten sich ohne Gegenwehr besetzen lassen, und die geforderte Auslösesumme gezahlt. Mit dem schwedischen König Gustav Adolf schloss der Stralsunder Hohe und Edle Rath hernach einen Pakt, der die rund 200jährige Schwedenzeit einleitete, in der Stralsund zur Hauptstadt Schwedisch-Pommerns wurde. 
Diese Frauen aus dem Volk haben zu Ehren des Befreier
die schwedischen Farben Gelb und Blau angelegt.

Bildung, Fortschritt und wirtschaftlichem Aufschwung, die die Schweden mitbrachten, folgten Kriegsmüdigkeit und gesellschaftliche Probleme, vor allem durch den lockeren Lebenswandel des Soldatenvolkes. 
Vorn links sitzend der Bürgerschaftspräsident, neben ihm
 der Oberbürgermeister. Im Fonds die Gattinnen.

Die Wallensteintage als das größte historische Volksfest Norddeutschlands fanden in diesem Jahr vom 19. bis 22. Juli statt. Am großen Festumzug beteiligten sich etwa 500 Stralsunder. Zahlreiche Schaulustige säumten die Straßen, als der Zug sich am Freitag um 16 Uhr in Bewegung setzte. 
Die Musketiere.
Es ging von der Hansawiese an der Sundpromenade über den Alten Markt - vorbei am historischen Rathaus - durch die Altstadt bis zur Hafeninsel; von dort wieder zurück zum Ausgangspunkt, wo der Zug sich auflöste. 
Die Pikeniere.
Wer wollte, konnte also als Zuschauer über Schleichwege den Zug mehrmals überholen und wiederholt an sich vorbeidefilieren lassen. Abends war dann noch der Pestzug, den ich leider nicht sehen konnte, weil die Stadt in ihrer unvergleichlichen organisatorischen Weisheit nicht in der Lage war, ausnahmsweise einmal nach 21 Uhr Busse fahren zu lassen. Jeweils 50 min Fußweg hin und zurück - das war es mir dann doch nicht wert. 
Entsatz naht - Landung der Skandinavier ...
Die Pest kam mit dem Krieg nach Pommern, nicht lange nach dem triumphalen Erfolg gegen die Besatzer. Am Samstag und Sonntag konnte man dann die "Schlacht um Stralsund" als Freiluftschauspiel am Strelasund verfolgen - dargestellt von je einem Dutzend Kämpfer auf beiden Seiten. Über das historische Wissen der Stralsunder war ich entsetzt. So wurde Wallenstein applaudiert, als er behauptete, die anlandenden Truppen (unsere Befreier!) gestoppt zu haben.
... was die Kaiserlichen zu verhindern suchen. Mittig in
Schwarz-Rot Seine Durchlaucht, der Herzog von Wallenstein

(betrifft Festumzug) Die Phantasiekostümierungen, zumeist aus dem Theaterfundus, hatten mit der historischen Realität nichts zu tun. Was ist das Gegenteil von authentisch? Und zwar das sehr, sehr krasse Gegenteil? Nun, es war ein unterhaltsames Spektakel. Die Straßen der Altstadt waren zudem von Händlern, Handwerkern, Gauklern und Spielleuten in Beschlag genommen. Es war ein buntes, wimmeliges Wochenende.


Die anderen Boote drehten bei, nur dieses eine war offensichtlich mit
Darstellern besetzt, die dann auch die "große" Schlacht gaben.

Bilder der Schlacht:





 



Hier noch einmal der große Feldherr während des Umzugs.



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